Anni Seidel: Meinung zu Kultur und Gesellschaft
Ausgehend vom Verständnis von Kultur als Gesellschaftspolitik brauchen wir einen weiten Kulturbegriff
Zu 1.
Ausgehend vom Verständnis von Kultur als Gesellschaftspolitik brauchen wir einen weiten Kulturbegriff, der selbstverständlich Kunst einschließt. Ich wende mich damit gegen eine Trennung in E- und U-Kultur.
Zu 2.
Kultur ist wesentlicher Bestandteil von Gesellschaft und damit wesentlicher Teil von Gesellschaftspolitik, also auch wesentlicher Teil von Veränderungen einer Gesellschaft. Die Entwicklung einer lebenswerten Gesellschaft und Lebensweise bedingt eine entsprechende kulturelle Entwicklung. Das wird leider auch in der Partei DIE LINKE nicht so praktiziert, was Konsequenzen hat für das aktive Mitnehmen der Produzenten von Kultur und Kunst.
Zu 3.
Kultur für alle, das heißt immer auch Kunstfreiheit realisieren, aber auch sie ist nicht schrankenlos. Sie schließt der Würde des Menschen widersprechende Kulturprodukte und -auffassungen aus. (Die Auseinandersetzung damit demonstriert gegenwärtig die Diskussion um die Haltung von Künstlern im und zum Faschismus, siehe Noldeausstellung, Brückemuseum u.a.). D.h. Demokratie in der Kultur ist nicht schrankenlos.
Zu 4.
Kultur und vor allem Kunstprodukte in all ihren Erscheinungsformen sind immer eine subjektive Äußerung des Produzenten unter jeweils konkreten historischen Bedingungen. Sie sind damit auch Teil der existierenden Lebensbedingungen und damit trotz oder gerade wegen der Subjektivität öffentliches Gut. Sie bedürfen des Erhalts und auch der Förderung, aber keineswegs bedingungslos.
Zu 5.
Kultur produziert in bestimmten Bereichen auch Waren, aber Kultur insgesamt darf nicht auf eine Warenform und damit bezahlbar also, sie muss sich rechnen, reduziert werden, weil in jedem Kulturelement Objektives und Subjektives sich vereinen, die subjektive Nutzung von Kultur von vielen Faktoren abhängt. (Die Medienlandschaft heute, auch früher, zeigt das in aller Deutlichkeit.) Kultur muss sich rechnen als nur ökonomisches Faktum mit Gewinn und Rendite – das halte ich für schädlich, wenn auch der ökonomische Faktor, was geht und wie, was muss Unterstützung bekommen u.ä. nicht unterschätzt werden darf. Es geht auch hier um die Ambivalenz des Kulturbegriffs.
Zu 6. Diese Gegenüberstellung ist falsch und schädlich, weil sich beide bedingen, beide objektiv erforderlich sind, bestes Beispiel Berlin. Beide sind Teil unserer gesellschaftlichen Realität mit beachtlichen Besonderheiten, die wir mehr denn je brauchen als Bedingung von kreativen Persönlichkeiten und der Vielfalt unseres Lebens.
Zu 7.
Unsinnige Frage, denn man kann keinen Bogen um den Föderalismus machen. Was man bekämpfen muss ist Länderüberheblichkeit. Gerade die aus unserer Geschichte resultierende Vielfalt an Unterschiedlichkeit in Traditionen, Riten, kulturellen Gewohnheiten u.a.m. gibt unserem Land Farbe und Vielfalt, übrigens etwas was für Europa äußerst wichtig ist.
Zu 8.
Einwanderer und ihre Erfahrungen, Gewohnheiten u.a. m. sind ein Schatz, eine enorme Bereicherung, denn seit eh und je hat gerade Kunst und Kultur von Europa und der Welt wesentliches aufgenommen wie umgekehrt (gerade deutlich in Museen und im entstehenden Humboldtforum).
Zu 9.
Kunst und Kultur als Bestandteil des Lebens muss in ihrer Unterschiedlichkeit und in ihrer Zugänglichkeit für alle da sein, d.h. auch für alle bezahlbar, also bezahlbar unter Beachtung der sozialen Unterschiede, deutlicher Unterschiede. Auch Kultur hat ihren Wert und so in dieser Gesellschaft auch ihren Preis.
Zu 10.
Digitalisierung ja in Maßen, genau beobachten, nicht alles ist mit moderner Technik erlebbar, aber Vieles.
Zu 11.
Unter den heutigen Bedingungen, unbedingt erhalten.
Zu 12.
Das sind 2 verschiedene Prozesse, beide für mich bei der Wertung von Kultur zu einseitig, denn Europa, die EU ist mehr, um das Mehr geht es.